Ekliges Regenwetter
Draußen ist es irgendwie kälter as versprochen und es regnet. Igittigitt! Genau das richtige Wetter um drinnen zu sein. Wo drinnen? In der Turnhalle natürlcih! Das ist nämlich das Beste an jedem Montag. Die drei Stunden in der Halle mit den ganzen kleinen Mäusen. Bogengänge üben mit den Kleinen von den großen. Werden immer besser.
Sonst ist grade eher Stress angesagt, wegen Schule. Man merkt, wie das Abi näher kommt. Mit riesen Schritten. Gleich springt es dir ins gesicht und schreit "Buh! Hier bin ich!" Und dann? Ja, Pläne habe ich jede Menge, aber Sicherheiten? Keine. Das ist ganz schön unheimlich, wenn einem plötzlich die Welt offen steht. Noch steh ich an der Türschwelle und strecke meine Fühler nach ihr aus, aber bald kann ich raustreten und alles selbst erfahren.
Schule besteht auch fast nur noch aus Referaten, Klausuren und Wiederholungen. Nur wenig neues. Ist auch gut so, ich weiß ja jetzt schon nicht mehr, wie ich das alles lernen soll. Whatever, ich genieße die letzten "normalen" Monate (Oh Gott, es ist nur noch ein ganzer Schulmonat!) mit allem drum und dran. Mit Ärger und Spaß, lustigem und langweiligem Unterricht. Dazu noch eine kleine Geschichte, die mir gestern Nachmittag durch den Kopf ging und grob etwas ähnliches erzählt, wie es mir neulich ergangen ist:

Langeweile?

„…die Wurzel aus zwei mal ein drittel zum Quadrat…“
Die Stimme von Neelas Mathelehrer dringt an ihr Ohr. Von irgendwo weit weg. Sie öffnet die Augen und orientiert sich im Raum. Wo ist der Kerl? Ach, da vorne. Links neben der Tafel. Die Tafel hat eine Delle, genau an der Stelle, auf die der Lehrer gerade Klopft um seine Berechnungen zu verdeutlichen. Sieht aus, als hätte der Lehrer die Tafel kaputt gemacht. Ist aber nicht so. Das waren Finn und Max. Die haben irgendwann mal mit einem Duden darauf gehauen. Neela erinnert sich nicht mehr, warum.
Es ist warm im Raum. Geradezu heiß. Die Heizung ist kaputt. Sie lässt sich nicht mehr abstellen. Und der Lehrer weigert sich, die Fenster zu öffnen. Neela schließt die Augen wieder. Versinkt zurück in ihre Traumwelt. Warum ist Schule immer nur so langweilig? Warum kann es nicht so sein wie in Filmen und Büchern? Da passiert immer etwas Spannendes.
Es gibt vielleicht einen neuen, interessanten, vielleicht sogar geheimnisvollen Mitschüler in der Klasse, oder es wird ein Musical eingeübt. Vielleicht muss sogar ein Verbrechen aufgedeckt werden. Ganz anders sieht es in der Realität aus. Da passiert nichts Spannendes. Nur selten gibt es mal neue Mitschüler und die sind nicht wirklich interessant, sehen nicht einmal gut aus und sind erst recht nicht geheimnisvoll.
Wäre es wenigstens ein Internat, dann könnte man Mitternachtspartys feiern, wie bei Hanni und Nanni. Aber nein, Neela geht auf eine stinknormale Gesamtschule. Absolut uninteressant.
Die Flure sind alt und schäbig, die Klassenzimmer grau, die Tischunterseiten mit Kaugummis voll geklebt, von denen Neela lieber nicht wissen will, wie alt sie sind.
Das interessanteste, was an Neelas Schule passiert ist die Feueralarmprobe einmal im Jahr. Und selbst die wird irgendwann langweilig.
Neela verkriecht sich also lieber in ihre Gedankenwelt. Die ist wesentlich spannender als der Unterricht. In Gedanken kann sie sein wer sie will und es können witzige und spannende Sachen passieren. Jeden Tag.
Plötzlich wird es laut um Neela. Was ist jetzt los? Schon Pause? Tatsächlich. Sie steht auf, nimmt sich einen Apfel mit und setzt sih auf dem Pausenhof auf den Ast eines Baumes. Dort kann sie mit den Beinen baumelnd die ersten Frühlingssonnenstrahlen genießen.
In der nächsten Stunde liegt Darstellendes Spiel an. Heute wird jedoch nicht Theater gespielt. Heute gehen sie mit dem Kurs in die Stadt. Jeder soll sich einen Platz suchen und zwanzig Minuten lang alles aufschreiben, was er beobachten kann. Doofe Aufgabe, denkt Neela. Passiert eh nix.
Falsch gedacht. Kaum hat sie ihre Schreibsachen herausgeholt, kommt schon eine Grundschulklasse laut schreiend und singend vorbei. Zwei Lehrerinnen versuchen, die Kinder beisammen zu halten.
Von der anderen Seite kommt eine alte Frau mit einem Gehwagen. Sie guckt immer nach links und rechts, sieht die Kinder, lächelt und schüttelt dann den Kopf. Ein Mann mit Aktenkoffer kommt in Neelas Blickfeld. Er stolpert und fliegt hin. Neeelas Stift fliegt nur so über das Papier. Dort hinten erkennt sie eine Frau, die einen Kinderwagen mit einem schreienden Baby vor sich hin schiebt, während ein kleines Mädchen mit einem Luftballon sich an ihre Jacke klammert und heult, weil es unbedingt den Teddybären aus dem Schaufenster gegenüber haben möchte. Die Mutter ist nicht zu beneiden, denkt Neela.
Der Mann mit dem Aktenkoffer ist wieder aufgestanden und weitergegangen. Ein anderer Mann geht langsam, eine Rose in der Hand und redet schnell in sein Handy. Neela kann nicht verstehen was er sagt.
Es macht ihr Spaß, die Leute zu beobachten und sich zu überlegen, was sie gerade tun oder wohin sie gerade unterwegs sind. Und schon sind zwanzig Minuten um. Schon? Neela guckt auf die Uhr. Tatsächlich, ihre Lehrerin hat schon fast den ganzen Kurs um sich versammelt.
Am nächsten Tag sitzt Neela wieder im Matheunterricht, aber ihre Augen sind geöffnet. Sie hat sich nicht komplett in ihre Gedanken zurückgezogen. Die Wolken draußen ziehen schnell über den Himmel, aber Neelas Blicke gelten ihren Mitschülern. Sie beobachtet. Finn und Max unterhalten sich. Auch Sabrina und Marie reden. Jeanette tippt unter dem Tisch SMS und ab und zu huscht ein Grinsen über ihr Gesicht. Jonas Blick folgt unablässig dem Lehrer, der vor der Tafel auf und ab geht.
Jeder im Raum ist mit irgendetwas anderem beschäftigt und Neela hat Spaß daran, alle zu beobachten. Schule ist auf einmal gar nicht mehr so langweilig.

Schreibt gerne eure Kommentare dazu (auch Kritik und auch bei der anderen Geschichte).
LG, Lisa




blue_rose am 27.Feb 12  |  Permalink
finde ich eine sehr schöne & gut erzählte Geschichte! ;)

schreibling am 27.Feb 12  |  Permalink
danke :)

sumsii.in.love am 29.Feb 12  |  Permalink
Der Text ist dir wirklich gut gelungen, finde ich. :)
Die Geschichte ist klar gegliedert, man kann sie gut verstehen, es sind keine unwichtigen Einzelheiten beschrieben.
Ich habe absolut nichts daran auszusetzen. :)

xoxo